Jamaika-Koali­tion? Hat eine Chance – mit Compas­sio­nate Accountability!

von | 15. Okt 2017

Das Volk hat gewählt und das Volk hat entschieden – das mag nicht jedem so passen, aber es ist nun mal Fakt. Keine der bisher “großen” Parteien kann alleine regieren; die kleineren Parteien gehen gestärkt aus der Wahl. Manch einer mag jetzt schon Weimarer oder “italie­ni­sche Verhält­nisse” – mit insta­bilen Regie­rungs­kon­stel­la­tionen – befürchten. Nun ja – mit Parteien am rechten und linken Rand mit denen niemand (zumin­dest bisher) koalieren will und einer SPD, die nach den massiven Stimmen­ver­lusten und den Erfah­rungen der GroKoGroße Koali­tion aus CDU/CSU und SPD von 2013–2017 keine Lust mehr auf ‘Mitre­gieren’ hat und lieber auf Opposi­ti­ons­ar­beit setzt, bleibt ja nur noch eine Möglich­keit: die Jamaika-Koalition!

Jamaika-Koali­tion ist gelebter Konflikt

Niemand hat gesagt, dass Koali­ti­ons­ar­beit einfach ist. Waren es vormals i.d.R. 2 Koali­tio­näre (weil es zwischen CDU und CSU außer Posten kaum etwas zu verhan­deln gab), so sitzen für Jamaika 4 Parteien am Tisch – denn das Schwarz steht diesmal für 2 Parteien, da sich selbst die “Schwarzen” in ein paar Themen nicht “grün” sind.

Es gilt 4 Partei­pro­gramme, 4 Wahlver­spre­chen und mindes­tens 4 Werte­sys­teme mitein­ander abzustimmen – wenn man das nicht Konflikt­po­ten­tial nennen kann – was dann?

“Ein Problem existiert nur, wenn es einen Unter­schied zwischen dem gibt was gerade passiert und dem was man gerne möchte, dass es passiert.”

- Ken BlanchardKenneth (Ken) H. Blanchard ist ein US-ameri­ka­ni­scher Unter­nehmer und Autor von Manage­ment­bü­chern und wurde zusammen mit Paul Hersey als Entwickler des ‘Situa­tiven Führungs­stils’ bekannt.

… oder als Konflikt­de­fi­ni­tion: “Konflikt ist der Unter­schied zwischen dem was ich möchte/erwarte und dem was ich vorfinde/bekomme.”

Das Konflikt­po­ten­tial ist hoch, wenn Menschen sich in Dinge einbringen, sich engagieren, sich sorgen und kümmern oder etwas wollen. So betrachtet ist Konflikt einfach nur Energie – weder gut noch schlecht. Wenn diese Energie verwendet wird um ‘mitein­ander zu kämpfen’, können positive Dinge geschehen. Wenn sie benutzt wird um ‘gegen­ein­ander zu kämpfen’ sind negative Ergeb­nisse wahrscheinlich. 
Koali­ti­ons­ver­hand­lungen und Koali­ti­ons­leben sind Konflikt pur! Ja und?

Bei Managern abgucken ist erlaubt!

Dass ein positiver Umgang mit Konflikten Kreati­vität fördert und Innova­ti­ons­po­ten­tial hat – ein negativer Umgang dagegen Drama erzeugt – ist seit vielen Jahren anerkannter Lehrstoff in jeder Manager­aus­bil­dung. Warum sollten sich also nicht auch Politiker in der Legis­la­tive dieses Wissens bedienen?
Konflikte können nur (positiv) gelöst werden, wenn alle Betei­ligten mit “offenen Karten” spielen und mit Neugierde und Strin­genz aufein­ander zugehen.

  • DAS will ich,  DARUM will ich das, DAS sind meine Werte
  • Ich akzep­tiere die Tatsache, dass jemand eine andere Position hat und bin neugierig, will sie verstehen (ich muss sie ja dennoch nicht gut finden)
  • Ich will – zum Wohle aller – an einer guten Lösung mitarbeiten
  • Ich bin respekt­voll, verläss­lich und verantwortungsbewusst

Das versteht man unter Compas­sio­nate Accoun­ta­bi­lity. Mag für einige ein “Kultur­schock” sein – funktio­niert aber in der Praxis.

Koali­tionen können nur Bestand haben, wenn gegen­sei­tiges Vertrauen besteht. Wenn sich alle als verläss­liche Partner in der Sache verstehen und handeln. Dabei ist die “Sache” Deutsch­land … und nicht die Wähler der einzelnen Parteien. Eine Heraus­for­de­rung! –  keine Frage.

Da sitzen nicht nur 4 sondern gleich 50 am Tisch

Warum solche Verhand­lungen eine (neue) gemein­same Kultur brauchen wird klar, wenn man sich die Struktur von Koali­ti­ons­ver­hand­lungen vor Augen führt.
Am Verhand­lungs­tisch sitzen nicht (nur) die, die bei erfolg­rei­cher Einigung eine Chance auf einen Platz am Kabinetts­tisch haben und damit die zukünf­tige Regie­rungs­ar­beit mit bestimmen sollen, sondern auch weitere Partei­ver­treter aus Bund und Land die das Inter­es­senspek­trum reprä­sen­tieren sollen. Und so werden nicht nur 4 oder 12 Menschen mitein­ander verhan­deln, sondern eher 50 und mehr. Und im Hinter­grund sitzt die jewei­lige Partei-Basis, die auch gehört werden will. Da gibt es wenig Chancen den Einzelnen “dort abzuholen wo er steht”, da müssen sich alle bewegen.

Umso mehr geht es um Compas­sio­nate Accoun­ta­bi­lity. Wenn alle an den Inhalten und Verspre­chungen ihrer jewei­ligen Wahlpro­gramme “kleben” kann es keine gemein­same Lösung, keine Jamaika-Koali­tion, geben. Dessen müssen sich alle – auch Wähler und Partei-Basis bewusst sein – es gibt nun mal keinen allei­nigen Gewinner der Wahl.

Vorur­teile, Vorab­spra­chen und geheime Deals sind kontraproduktiv

Die Begeg­nung der Koali­tio­näre “auf Augen­höhe”, mit einer ehrli­chen “ich bin OK – Du bist OK” Position, ist Voraus­set­zung für erfolg­reiche Verhand­lungen. Die Unter­stel­lung oder Durch­füh­rung von Vorab­spra­chen, Vorur­teile oder “Vorab-Deals” zwischen Teilen der zukünf­tigen Partner sind kein Zeichen einer soliden Vertrau­ens­basis. Das gilt für Vorab­spra­chen Einzelner zu kriti­schen Themen, in der Annahme dann in den Koali­ti­ons­ver­hand­lungen eine stärkere Position zu haben. Oder für Unter­stel­lungen, dass bereits im Vorfeld über Minis­ter­posten “gekun­gelt” werden könnte. 
Konflikt­punkte müssen gemeinsam gelöst werden – Compas­sio­nate und Accoun­table. Und jeder Koali­ti­ons­partner hat das gleiche Gewicht, egal wie groß sein Stimmen­an­teil bei der Wahl war, denn jeder ist in einer Jamaika-Koali­tion “Zünglein an der Waage”. Wenn es nicht klappt, bleibt Stand heute15.10.2017 nur Minder­heits­re­gie­rung oder Neuwahlen.

Wir dürfen gespannt sein!


Copyright – Frank Schöfisch, key!4c

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